Wer denkt, die Sklaverei wurde im 20. Jahrhundert de facto abgeschafft, der irrt sich leider. Schätzungen zufolge leben heute bis zu 40,3 Millionen Menschen in der Sklaverei (ILO 2017) – mehr als je zuvor in der Geschichte der Menschheit. Jedes Land der Welt ist betroffen. Der große Unterschied zu früher ist, dass Sklaverei heute verboten ist und damit in der Schattenwelt operiert.
„Sklaverei ist der Zustand oder die Stellung einer Person, an der die mit dem Eigentumsrechte verbundenen Befugnisse oder einzelne davon ausgeübt werden." (Sklavereiabkommen 1926) Eine Person, die von Sklaverei betroffen ist, ist nicht frei, selbst über ihr Leben und Handeln zu entscheiden. Der Begriff Sklaverei beinhaltet auch sklavereiähnliche Praktiken wie Schuldknechtschaft, Zwangsheirat, Handel mit oder Ausbeutung von Kindern (z. B. in bewaffneten Konflikten).
Menschenhandel ist (moderne) Sklaverei. Sklaverei ist aber nicht automatisch Menschenhandel. Es ist wichtig, beide Begriffe zu unterscheiden.
Menschenhandel ist der Handel mit Menschen. Menschen werden zu Ware; sie werden gehandelt, transportiert, verkauft und ausgebeutet. Das Palermo-Protokoll der Vereinten Nationen liefert die international anerkannte juristische Definition. Es listet mehrere mögliche Mittel auf, die angewendet werden, um Menschen zu handeln. Dabei genügt es, wenn eine Person getäuscht, Macht missbraucht oder die Hilflosigkeit eines anderen ausgenutzt wurde. Es muss keine physische Gewalt angewendet werden.
Der Zweck des Menschenhandels ist immer die Ausbeutung. Diese kann verschiedene Formen annehmen: Neben der sexuellen Ausbeutung und der Arbeitsausbeutung gehören auch die organisierte Bettelei und der Organhandel dazu.
Menschenhandel ist oft organisierte Kriminalität. Die Drahtzieher können kleinere Gruppen wie Familien oder große internationale Banden sein.
Meist sorgt das Zusammenspiel sogenannter Push- und Pull-Faktoren dafür, dass Frauen, Männer und Kinder ins Visier von Menschenhändlern geraten.
Zu den Push-Faktoren gehören neben Armut u. a. auch ein fehlender oder mangelnder Zugang zu Bildung, Arbeit und Justiz, politische Instabilität, Krieg und Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen, Gender-Ungleichheiten. Zu den Pull-Faktoren gehören u. a. der Wunsch nach einem besseren Leben, Sicherheit, Bildungschancen und Arbeitsplätze.
Gemeinsam sorgen die Push- und Pull-Faktoren für eine Migrations- bzw. erhöhte Risikobereitschaft von Menschen. Viele Menschenhändler nutzen genau das aus. Oft versprechen sie potenziellen Opfern eine bessere Zukunft durch einen guten Job in der Stadt oder in einem reichen Land.
Daher gilt: Um Menschenhandel erfolgreich zu begegnen, reicht es nicht aus, Täter strafrechtlich zu verfolgen und (potenzielle) Betroffene zu schützen. Auch den Herausforderungen der Push- und Pull-Faktoren und nicht zuletzt auch der Nachfrage nach billigen Produkten und Arbeitskräften, käuflichem Sex etc. muss begegnet werden.
Wo findet Menschenhandel statt?
„Vom thailändischen Fischer an den Schleppnetzen bis zum kongolesischen Jungen, der Diamanten abbaut, vom usbekischen Kind auf den Baumwollfeldern bis zum indischen Mädchen, das Fußbälle zusammennäht, von den Näherinnen in den Textilfabriken bis zu den Kakaopflückern - ihre Zwangsarbeit ist das, was wir konsumieren." (Global Slavery Index 2014, S. 11)
Menschenhandel gibt es überall.
Auch in Deutschland findet Menschenhandel statt, mitten unter uns. Am stärksten betroffen ist hierzulande die Sexindustrie, doch auch in anderen Bereichen der Wirtschaft werden Menschen gehandelt und ausgebeutet. Arbeitsausbeutung findet unter anderem in der Landwirtschaft, dem Baugewerbe, der Produktion, der Gastronomie und in Privathaushalten statt.
„Die hier erwähnten Branchen haben einige gemeinsame Merkmale. Die Jobs sind arbeitsintensiv, oft mit dreckiger Arbeit verbunden, erniedrigend und gefährlich. […] Eine effektive Kontrolle dieser Wirtschaftsbereiche ist schwierig.“ (ILO 2005, S. 45)
Statistiken rund um das Thema „Menschenhandel“ und „Sklaverei“ basieren meist auf Daten von Behörden (tatsächlich identifizierte Opfer) oder sind Hochrechnungen davon und Schätzungen.
Die ILO (International Labour Organization) veröffentlichte im September 2017 neue Zahlen zum Thema Moderne Sklaverei: 2016 waren 40,3 Millionen Menschen von Zwangsarbeit und Zwangsehen betroffen. Sie werden ausgebeutet, misshandelt und wie Waren angesehen. Die Flucht gelingt selten, denn Gewalt, Nötigung und Drohungen stehen auf der Tagesordnung.
Sklaverei ist nichts Neues. Die Menschen beuten sich schon seit Anfang der Geschichte gegenseitig aus. Verschiedene Faktoren tragen heute dazu bei, dass der Handel mit Menschen und deren Ausbeutung ein florierendes Geschäft ist.